Ovaj dokument dostupan je i na hrvatskom: session:/session/hr.convivialitywithoutproximity.mdnot found

Questo documento ha una versione in italiano: Convivialità senza prossimità

There is a version of this document in English: Conviviality without proximity


In einer ausgedehnten Phase der Isolation greifen Menschen zu fantasievollen Wegen, um sich kollektiv, gesellig und politisch zu organisieren. Die folgenden sind nur einige Beispiele von vielen:

Web-Radio

Der Ausbruch von COVID-19 fiel in Norditalien mit dem 8. März – dem Internationalen Frauentag – zusammen. Die transfeministische Bewegung für soziale Gerechtigkeit Non Una Di Meno musste die meisten der Mobilisierungen und kollektiven Aktionen, die sie für diesen Anlass geplant hatte, absagen. So auch den Frauenstreik, der am folgenden Tag – dem 9. März – hätte stattfinden sollen. Stattdessen organisierten sie eine Reihe alternativer Aktionen: einige offline (etwa das Aufhängen von Transparenten an Gebäuden), die meisten online. Eine der wirkungsvollsten Aktionen war das Radio Non Una Di Meno, das sowohl über Stream als auch über UKW in Zusammenarbeit mit lokalen Radiosendern ausgestrahlt wurde. Das Webradio kann in Zeiten der häuslichen Isolation ein kraftvolles Instrument zur Organisation und zum Knüpfen von Kontakten sein. Hier sind einige Ressourcen, die darüber informieren, wie man eines initieren kann:

Tools & Anleitungen zum Aufbau eines Webradios

Web-Radio-Experimente

Oldies but goldies

Balkon-Treffen

Quellen:

Am 14. März, um die Mittagszeit, brach in vielen Städten Italiens ein langer Applaus aus den Fenstern und Balkonen aus. Die Initiative, die in sozialen Netzwerken und Nachbarschaftsgesprächen verbreitet wurde, war eine Gelegenheit, in sicherer Entfernung all jenen zu danken, die in diesen für das Land schwierigen Tagen an vorderster Front stehen: Ärzt_innen, Krankenpflegende, Fachleute, aber auch all jene Arbeitenden, die gerne zu Hause bleiben würden, aber nicht können, weil Arbeitgebende sich weigern, die Produktion einzustellen. Am selben Tag haben sich auch in Spanien Millionen von Menschen entschlossen, dem Gesundheitspersonal für die enormen Anstrengungen zu danken, die es in diesen Tagen unternimmt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Um 22:00 Uhr, kurz nachdem der Premierminister, Pedro Sánchez, seinen öffentlichen Auftritt beendet hatte, öffneten die Bewohner vieler spanischer Städte wie Barcelona, Madrid, Oviedo und Benidorm die Fenster ihrer Häuser und begannen mit Kraft und Freude zu applaudieren, um dem Gesundheitspersonal und allen Reinigungskräften zu danken, die wie verrückt arbeiten, um dem COVID-19 gegenüberzutreten. In einigen Wohnvierteln Madrids, wie z.B. in Montecarmelo, wo viele Familien mit Kindern leben, wurde der Allaus auf 21:00 Uhr vorverschoben, damit auch die Kleinen teilnehmen konnten.

In ganz Italien werden immer wieder und zu verschiedenen Tageszeiten ähnliche Flash-Mobs aus der Ferne, wie sie genannt wurden, mit Live-Musikkonzerten, DJ-Sets und improvisierten Auftritten organisiert, um die Isolation zu lindern. Ähnliches ist auch in Argentinien, der Schweiz und in UK bekannt.

Um gegen die Politik des Nichtstuns von Jair Bolsonaro zu protestieren, wird auf brasilianischen Balkonen abends mit Töpfen und Topfdeckeln Lärm geschlagen.

“Klatschen ist schon recht, eine rührende symbolische Geste des Danks und so. Lassen wir uns einfach nicht zu sehr einlullen von der eigenen Gerührtheit. Denn uns ist hoffentlich schon klar, dass auf dieses Klatschen Taten folgen müssen: harte Lohnverhandlungen, radikale Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Systemwandel. Frau Sommaruga soll sich wundern, wie der wirkliche Ruck ausschaut, der dann durchs Land geht.”

Quelle:

Quarantäne-Küche

Von Ajam Media Collective

Quelle:

Teheran befindet sich seit Wochen in einem halb-quarantäneartigen Zustand. Millionen von Menschen haben es vermieden, das Haus zu verlassen, aus Angst vor der Verbreitung des Coronavirus. Schulen, Universitäten, Theater und Sporthallen wurden geschlossen. Auf öffentlichen Plätzen herrscht zunehmend Stille. Die Angst wird durch die US-Sanktionen gegen den Iran noch verstärkt: diese Massnahmen haben zu einem Mangel an grundlegenden Medikamenten und Sanitätsprodukten geführt. Unter Quarantäne gestellt, begannen Iraner_innen „gemeinsam“ zu kochen – sie teilen Rezepte, sie experimentieren mit neuen und alten Gewürzen und Ideen, sie finden Freude an Aromen und am Mischen und Entdecken von Zutaten. Die Geschichten dieser Menschen haben Golrokh Nafisi, eine in Teheran lebendende Künstlerin, inspiriert. Ihre serielle Arbeit heisst “Quarantäne-Küche”. Nafisi zeichnet Porträts von Freund_innen, die neue Rezepte vorbereiten. Sie arbeitet nach mündlichen Berichten ihrer Freund_innen, die ihr von ihren Koch-Experimenten unter Quarantäne erzählten. Die Porträt-Serie ist im Wachsen begriffen: Nafisi bittet alle, die ihre Geschichten mit ihr teilen möchten, sich mit ihr in Verbindung setzen, damit sie sie zeichen kann.

Cloud Raves

Quellen:

“Während Millionen von Chines_innen während des Coronavirus-Ausbruchs zu Hause festsitzen, halten Nachtclubs im ganzen Land sie mit Online-Cloud-Raves bei Laune. Tänzer_innen finden sich auf Videoplattformen wie Douyin, Chinas Version von TikTok, ein und nehmen virtuell an den Raves teil. Einige DJs und Clubs streamen live auf Kuaishou, einer weiteren beliebten chinesischen Videoplattform. Und so funktioniert es: Die DJs filmen ihren Gig entweder von einem Veranstaltungsort oder von ihren Studios und Wohnungen aus und übertragen ihn dann per Livestream auf Douyin. Während einige DJs live auftreten, zeichnen andere ihre Auftritte vorweg auf und übertragen sie später auf Douyins Livestream. Während Cloud-Konzerten wurden für die Zuschauer bearbeitete Versionen vergangener Auftritte von Bands gezeigt. Der Reiz solcher Anlässe liegt im Wissen, dass die Leute die Konzerte gemeinsam – wenn auch physisch voneinander getrennt – verfolgen und ihre Gedanken durch Kommentare in Echtzeit teilen. Da die Sets nicht aufgenommen werden, heisst verpasst, verpasst. Menschen, die unter Quarantäne stehen oder sich vorwiegend zuhause aufhalten, haben eine breite Auswahl zur Verfügung. Einige Raver haben sogar Videos von sich selbst gepostet, wie sie zu Hause zur Musik tanzen. Diese live-gestreamten Cloud-Raves sind äußerst erfolgreich, einige davon hatten Millionen von Zuschauenden. Laut der Platform Vice nahmen fast 2,3 Millionen Menschen den Cloud-Rave des Pekinger Clubs Sir Teen am 10. Februar teil. Mehr als 100.000 Zuschauer schalteten sich innerhalb der ersten 30 Minuten zu.”

“Cloud-Clubbing ist auch verdammt lukrativ. Am 9. Februar erhielt ein Live-Streaming des Nachtclubs OneThird fast 20 Millionen TikTok-Münzen von den Zuschauern, was über 1 Million RMB (143‘000 Dollar) entspricht. Eine weitere Veranstaltung am Valentinstag zog 4 Millionen Online-Zuschauer an. Der Verdienst von 570‘000 RMB (81‘500 Dollar) wurde medizinischem Personal gespendet, das an vorderster Front gegen das Coronavirus kämpft.”

Cloud-Schlafen

Quelle:

Ein weiteres Phänomen ist das “Cloud-Schlafen”.

“Ein Live-Streamer mit dem moniker SheiJiaDeYuanSan wurde von über 18 Millionen Menschen in seinem 12-stündigen Schlaf beobachtet. Warum diese Nachfrage nach einem Mann, der ein ziemlich langes Nickerchen macht? Es gibt keine Antworten, zumindest noch nicht. Auch SheiJiaDeYuanSan ist von seinem über Nacht erlangten Ruhm verwirrt. Er erzählte ChinaZ.com, dass es ihm, trotz seiner plötzlichen Popularität und der Einnahmen aus seinem Cloud-Schlaf, jetzt genüge. Bereits um 17:00 begannen follower ihm zu drohen, ihn zu un-followen, falls er nicht sofort einschlafe.”

Virtuelle Aperitifs

Quellen:

In Italien, wo der Aperitif ein etabliertes soziales Ritual ist, testen Freundeskreise, aber auch Bars und Pubs, neue Formen der Geselligkeit: Sie organisieren virtuelle Zusammenkünfte über Videokonferenz-Apps wie HouseParty oder Zoom. In Varese veranstaltete ein Cafè einen I-peritivo live auf Instagram. Die Teilnehmenden wurden gebeten, statt ihre Drinks zu bezahlen, dem örtlichen Krankenhaus eine Spende zu überweisen.

Da viele kommerzielle Videokonferenz-Plattformen erst nach Erreichen einer bestimmten Anzahl von Benutzern Gebühren erheben, entdecken die Leute Wege, um solche Einschränkungen zu umgehen. Zum Beispiel durch die Verbindung mit vier Freund_innen über WhatsApp (grössere Gruppen erlaubt die App nicht) und gleichzeitig mit zwei weiteren Personen über Skype. Die gratis Testanwendung von Zoom lässt Gruppen unbeschränkter Grösse für eine Zeitdauer von 40 Minuten zu. Nach 40 Minuten wird aufgelegt und ein neuer Call gestartet. Und über das open source-Tool jit.si lässt sich dies auch ohne persönliche Registrierung und verbesserter Features mit Blick auf die Einhaltung von Datenschutz und Privatsphäre realisieren, die bei Zoom eher nachgelagert erscheinen.

QuarantineChat

Quelle:

QuarantineChat wurde von den Künstler_innen Danielle Baskin und Max Hawkins geschaffen.

Sobald du dich anmeldest, erhältst du ein Abonnement für regelmäßige Anrufe, die auf dem Display jeweils als “QuarantineChat” gekennzeichnet sind. Nach einem kurzen Moment in der Warteschleife wirst du, per Zufallsmechanismus, mit einer anderen Person verbunden. Du musst nicht abheben, wenn du beschäftigt bist - deine Gesprächspartner_in wird automatisch mit einer anderen Person zusammengeführt. Du kannst dich jederzeit in den Dienst einwählen und die Leitung wann immer du möchtest verlassen. Der Service ist privat. Du benutzt deine Telefonnummer, um dich anzumelden, aber wer sich bei dir meldet, sieht immer nur deinen Benutzernamen. Alle Anrufe werden von Anfang bis Ende verschlüsselt.

weiterführende Links / Resourcen